Schildkröten-Support – Was tun bei verletzten Meeresschildkröten?
Von: Frederik Franke, Jens Köppe
Meeresschildkröten: Faszinierende Überlebenskünstler in Gefahr

Meeresschildkröten sind wahre Wunder der Natur. Einige Arten können bis zu sieben Stunden die Luft anhalten – länger als Wale! Doch trotz ihrer beeindruckenden Fähigkeiten sind sie stark bedroht. Vor etwa 200 Millionen Jahren entwickelten sie sich aus landlebenden Reptilien und gelten heute als die ältesten noch lebenden Reptilien der Erde. Von den sieben existierenden Arten sind alle in ihrem Bestand gefährdet und stehen unter strengem Artenschutz.
Die Kanarischen Inseln, bekannt für ihre Artenvielfalt, liegen im Wandergebiet dieser Tiere. Hier wurden bereits sechs der sieben Arten gesichtet, darunter die Unechte Karettschildkröte (Caretta caretta) und die Grüne Meeresschildkröte (Chelonia mydas) besonders häufig.
Begegnungen unter Wasser: Von Glückstreffern und Rettungsaktionen


Seit über 20 Jahren beobachten Frederik Franke von Underwater Canaries und Jens Köppe von Scubamarine Ulm die Meeresschildkröten in den Gewässern der Kanarischen Inseln. Eine ihrer ersten Begegnungen hatte Frederik beim Segeln zwischen den Inseln: Eine Unechte Karettschildkröte hatte sich in alten Netzresten verheddert und konnte glücklicherweise befreit werden. Seitdem hat er dieses Thema in zahlreichen TV-Beiträgen, wie dem NDR-Format MareTV, aufgegriffen.





An Teneriffas Südostküste, wo eine große Seegraswiese Grüne Meeresschildkröten anzieht, treffen Frederik und Jens bei fast jedem Tauchgang auf mehrere Exemplare. Doch nicht jede Begegnung ist erfreulich: Bei einem Tauchgang entdeckten sie eine mittelgroße Grüne Meeresschildkröte mit einem rostigen Angelhaken im Maul. Was tun in so einer Situation?
Erste Hilfe für Meeresschildkröten: Was ist zu beachten?
Die Entscheidung, eine verletzte Schildkröte zu bergen, sollte immer mit Vorsicht getroffen werden. Frederik und Jens kontaktierten umgehend die Experten der Tierschutz-Einrichtung La Tahonilla, mit der Frederik bereits mehrfach zusammengearbeitet hatte. Die Schildkröte wurde gefunden, der Haken entfernt, und das Tier konnte nach einer Untersuchung und dem Einsetzen eines Mikrochips wieder ausgesetzt werden.
Doch nicht alle Fälle enden glücklich. La Tahonilla behandelt jährlich 70-100 verletzte Schildkröten, die häufig in Plastikmüll verheddert sind oder Kollisionen mit Schiffen erlitten haben. Zwischen 1987 und 2019 wurden auf den Kanaren 4.530 verletzte oder gestrandete Meeresschildkröten gezählt. Die gute Nachricht: Rund 80 % der Tiere können nach der Behandlung wieder ausgesetzt werden – eine Quote, die in anderen Regionen wie dem Mittelmeer deutlich niedriger ist.


Bedrohungen und Schutzmaßnahmen: Was gefährdet Meeresschildkröten?
Die größten Bedrohungen für Meeresschildkröten sind:
- Plastikmüll: Bei 100 % der untersuchten Schildkröten wurden Plastikreste in den Ausscheidungen gefunden.
- Industrielle Fischerei: Schleppnetze und Langleinen fordern viele Opfer.
- Schiffskollisionen: Vor allem in stark befahrenen Gewässern.
- Klimawandel: Die globale Erwärmung beeinflusst das Geschlechterverhältnis, da sich das Geschlecht der Schildkrötenembryonen nach der Temperatur richtet.
Trotz dieser Herausforderungen gibt es auch Erfolge: Schutzprogramme haben beispielsweise die Population der Unechten Karettschildkröte auf den Kapverdischen Inseln deutlich erholt.
Was tun, wenn Sie eine verletzte Meeresschildkröte finden?
- Professionelle Hilfe anfordern: Kontaktieren Sie Tierschutzorganisationen oder die Polizei (auf den Kanaren: 112).
- Vorsicht beim Anfassen: Greifen Sie die Schildkröte am Panzer, nicht an den Gliedmaßen oder dem verhedderten Material.
- Richtige Lagerung: Legen Sie die Schildkröte nicht verkehrt herum auf den Panzer und nicht in Wasser.
- Schutz vor Hitze: Sorgen Sie für Schatten und legen Sie ein nasses Handtuch über den Panzer.
- Keine Fütterung: Geben Sie der Schildkröte kein Essen oder Trinken.
Fazit: Jeder kann helfen!
Meeresschildkröten sind faszinierende Geschöpfe, die unsere Hilfe brauchen. Ob beim Tauchen, Segeln oder Spazieren am Strand – jeder kann einen Beitrag zum Schutz dieser bedrohten Arten leisten. Informieren Sie sich, handeln Sie verantwortungsbewusst und unterstützen Sie Schutzprogramme, um die Zukunft der Meeresschildkröten zu sichern.

Medizinische Station für verletzte Meeresschildkröten auf Teneriffa
Unser Artikel wurde im Sporttaucher 01/25 veröffentlicht.



Jens Köppe und Frederik Franke